Presseberichte

Connection Tantra Spezial

Das männliche Lustorgan (Connection Tantra Spezial)

Nachdem bereits das Buch Yoni Massage von Michaela Riedl erschien, folgt nun das Buch für Männer, die Lingam Massage. In grauen Novembertagen, wenn man eh lieber im Bett bleibt, erreicht mich dieses Buch. Die Zeit passt und mein Partner freut sich ob der Wonnen, die auf ihn warten. Gleich lese ich ein paar Seiten über die Theorie der männlichen Lustorgane, auch Prostata und Anus werden hier liebevoll achtsam erwähnt,und dann freue ich mich, die ersten Griffe zu üben.

Erotisch ist es gerade nicht, mit Buch daneben – in das ich immer wieder einen Blick hineinwerfe – den Lingam zu berühren. Aber zum Glück stört es meinen Partner nicht, er ist gesegnet mit starker Potenz, die nichts so leicht weich werden lässt. Für Männer, die ein Problem mit Erektionen haben, ist dieses Buch auch gedacht. Sie finden einen anderen Zugang zur Lust, der nicht leistungsorientiert ist, sondern langsam, hinspürend, sich selbst als Mann neu erfahrend, wie der Co-Autor Jürgen Becker schreibt. Nach den ersten intensiven Berührungen und Streichungen in Griffen, die so schönen Namen haben, wie Feueroder Lingamesischer Tango,wird es gleich recht wild und lebhaft. Die sexuelle Erregung schiesst hoch und die Ejakulation ist kaum vermeidbar.

Doch, ich staune, es geht danach weiter. Männer haben manchmal gleich nach einem Erguss wieder einen steifen Lingam – vor Freude, Lust und Liebe. Mein Partner gehört zu dieser Gattung Mann. Ich versuche die ruhigeren Massagetechniken, die sehr schön Herz und Becken miteinander verbinden und tiefe Entspannung bewirken können. Wenn man ein bisschen Übung miteinander hat, sich gut aufeinander einstimmen kann, ist später der Big Draweine spannende Sache. Hier geht es nicht um die Ejakulation, sondern darum einen Ganzkörperorgasmus zu erleben. »Bei einem Ganzkörperorgasmus füllt sich der ganze Körper mit Kraft, Hitze, Verzückung und wohligen Schauern. Die Gefühle sind nicht auf den Genitalbereich beschränkt, sondern zirkulieren überall. Hinterher fühlt »mann« sich nicht geschwächt und ausgepumpt, sondern voller Energie und Tatkraft, als könnte man rausgehen und Bäumchen pflücken« schreibt Jürgen Becker.

Mir gefällt, dass auch über die energetischen und spirituellen Grundlagen berichtet wird. So werden die taoistische Philosophie der fünf Elemente vorgestellt und Übungen beschrieben zu den vier Wirkkräften in uns: Holz, Feuer, Metall und Wasser. Im Buch bekomme ich als Frau eine sehr nützliche und ausführliche Beschreibung wie progressive Muskelentspannung nach Edmund Jacobson geht. Das hilft mir sehr bei Stress und den üblen Begleiterscheinungen davon. Wer mag, geht tiefer und befasst sich mit der Prostata und Anus Massage, die ebenfalls ganz eigene Gefühle und Körperwahrnehmungen bewirkt, auf die der Mann vielleicht noch nie im Leben Zugriff hatte. Letztendlich hilft es gegen Hämorrhoiden, wie ich als Heilpraktikerin weiss, wenn der gesamte Beckenboden und der Anus sich entspannen können. Wer als Korinthenkacker immer den Arsch zusammenkneift, wie die Autoren so schön direkt beschreiben, der möge sich einmal im Leben eine entkrampfende, liebevolle Anusmassage gönnen. »Wenn wir lernen mit dem Anus respektvoll und liebevoll umzugehen, dann kann dies unser ganzes Wesen wandeln, hin zu einer liebevolleren und sanfteren Haltung in uns selbst wie anderen gegenüber. Sinnbildlich gesprochen integrieren, ehren und erlösen wir »das Arschloch« in uns und machen dadurch – wie im Märchen vom Froschkönig – das scheinbar Eklige zum Prinzen«, lese ich im Buch und denke mir, dass das doch sehr erfreuliche Aussichten sind. Das Buch endet mit Interviews von Männern darüber, wie sie ihre Lingam Massage erlebten. Sehr berührend.

Erschienen in: Connection Tantra Spezial I/09

Lingammassage – ein Interview mit Michaela Riedl (NEWs AGE)

Die Lingam-Massage ist eine Massage des männlichen Genitalbereiches und basiert auf taoistischem Wissen. Sie bringt die sexuellen Energien mit achtsamen, sinnlichen und energetisierenden Berührungen in Fluss. Dabei werden auch die Reflexzonen der Genitalien aktiviert und der Körper kann sich entspannen und loslassen. Mit dem Wort Lingam wird in Indien der Phallus auch als Quelle des Lebens und als Symbol der Männlichkeit und Fruchtbarkeit verehrt.

newsage: Normalerweise wird bei Massagen der Genitalbereich ausgespart. Wie sehen Sie sich selbst als Masseurin, die diesen Bereich mit einbezieht?

Michaela Riedl: Ich sehe meine Rolle darin, andere Menschen zu bestärken, ihre eigene Sexualität zu entdecken, zu vertiefen und somit auch ein Stück weit zu heilen. Meine Erfahrung ist, dass unsere Sexualität nicht nur theoretisch erörtert werden kann (wie z.B. in einer Therapie), sondern vor allem praktische Erfahrungsräume braucht.

newsage: Wir leben einerseits in einer total übersexualisierten Welt und auf der anderen Seite herrscht oft Frust und Lustlosigkeit bei den Paaren.

Riedl: Eine tiefe, wirklich befriedigende Sexualität hat etwas mit Langsamkeit, mit Zeit und Intimität zu tun. Diese Qualitäten werden mit der Lingam-Massage wieder erfahrbar gemacht. Hier geht es nicht darum, dass der Mann funktioniert, eine starke Erektion hat und einzig und allein einem Orgasmus zustrebt. Hier geht es darum den Mann im Wesen zu berühren, den Lingam als Liebesorgan zu verstehen und Berührung bewusst wahrzunehmen. Ein Mann, der einmal diese Erfahrung gemacht hat, lässt sich nicht mehr von Sexdarstellungen in den Medien verunsichern und ist fähig, sensibel und bewusst auf sein Gegenüber einzugehen. Wir von AnandaWave® erleben es oft, dass Frauen ihre Männer zu uns schicken, weil der Mann dadurch zu einem achtsameren Liebhaber wird. Umgekehrt ist das bei den Frauen genauso mit der Yoni-Massage.

newsage: Hat das Empfangen der Lingam-Massage in einem Massageinstitut etwas mit Fremdgehen zu tun?

Riedl: Wir treten als Masseure nicht in eine sexuelle Beziehung zu dem Gast. Es geht einzig und allein darum, dass er eine Erweiterung für seine eigene Sexualität erfährt. Mir schwebt vor, dass das Empfangen einer Yoni- und Lingam-Massage so normal wird wie ein Saunabesuch. Wir hätten alle garantiert wesentlich weniger sexuelle Probleme und vor allem viel mehr Genuss.

newsage: Sie sagen, während der Lingam-Massage gibt es keinen sexuellen Austausch. Können Sie das näher erläutern?

Riedl: Das genau ist ja das Besondere an der Lingam-Massage. Es geht dabei nur um den empfangenden Mann, der so die einzigartige Möglichkeit hat, sich nur auf sich selbst und seine Empfindungen zu konzentrieren. Er muss nichts tun, nichts leisten, nur fühlen, tief atmen und sich dem, was passiert, hingeben. Er befindet sich völlig in der passiven Rolle. Das ist für viele Männer erst einmal sehr ungewohnt, doch dann entdecken sie die besondere Qualität, die sich darin für sie offenbart.

newsage: Geht es bei dieser Massage in erster Linie um Wohlbefinden und Erotik oder verfolgt diese auch eine therapeutische, heilende Absicht?

Riedl: Beides. Ich kenne nichts, was heilsamer wäre als die Lust selbst. Es geht bei der Massage letztlich um Freude an der Lust, am Leben und an der eigenen Lebendigkeit, ob ich nun bei jemandem direkt mit der Lust beginne und von hier aus in die Tiefe gehe oder ob jemand erst durch Tränen, Trauer und Wut gehen muss.

newsage: Darf der Mann bei Ihnen zum Orgasmus kommen?

Riedl: Sexualität hat sehr viele Ausdrucksmöglichkeiten und der Orgasmus ist sicherlich die stärkste davon. Wir versuchen jedoch auch, den Gast dabei zu unterstützen, die Ejakulation so weit wie möglich hinauszuzögern, da dadurch das sexuelle Erleben und der Genuss wesentlich intensiver wird. Es gibt für Männer auch die Möglichkeit, den Orgasmus von der Ejakulation zu trennen, doch das auszuführen, würde den Rahmen dieses Interviews sprengen.

newsage: Sie beschreiben in ihrem Buch, das Sie zusammen mit Jürgen Becker verfasst haben, auch die Prostata-Massage.

Riedl: Die Prostata des Mannes ist das Pendant zum G-Punkt der Frau, sozusagen der männliche G-Punkt. Die Frauen haben wesentlich tiefere Empfindungen, wenn nicht nur die Klitoris, sondern auch der G-Punkt stimuliert wird, und Männer beschreiben die Stimulation ihrer Prostata als sehr tief gehend, als ob zum Orchester der Sexualität noch die Bass-Geigen dazu kommen.

newsage: Hilft diese Massage auch bei sexuellen Problemen wie frühzeitige Ejakulation und Erektionsschwäche?

Riedl: Jede Form von sexuellen Schwierigkeiten erzeugt bei Männern eine verständliche Verunsicherung. Damit Veränderungen möglich werden, braucht es vor allem Vertrauen, Entspannung, liebevolle Annahme, das Zulassen von Gefühlen und den Kontakt mit dem eigenen Körper. Aus unserer Arbeit in den Seminaren, Vorträgen und der Massage wissen wir um die Ängste, Widerstände und Verletzungen, die das sexuelle Erleben blockieren können. Sofern keine organischen Probleme vorliegen, hat sich unser Angebot aus Beratung, Körper- und Atemübungen, Berührung und einer einfühlsamen und genau abgestimmten Genitalmassage als sehr hilfreich erwiesen. Selbstverständlich ist es nötig, dass sich der Mann auf einen aktiven Prozess einlässt, eventuell auch zusammen mit seiner Partnerin, seinem Partner.

newsage: Welchen Rat möchten Sie Männern in Bezug auf ihre Sexualität gerne mit auf den Weg geben?

Riedl: Entspannen, einfach nur entspannen. Von Kindesbeinen an wird Männern signalisiert, dass von ihnen Leistung auf allen Gebieten erwartet wird. Sexualität blüht jedoch nicht unter Leistungsdruck und großer Anstrengung auf, sondern vor allem durch Loslassen.

newsage: Was empfehlen Sie Männern, Frauen und Paaren, die die Lingam- und/oder Yoni-Massage gerne erlernen möchten?

Riedl: Dafür bieten wir bei AnandaWave® – Raum für sinnliches Erleben verschiedene Möglichkeiten an. Zum einen gibt es für Paare die Gelegenheit, in unserem Seminar „Paare II“ die Yoni- und Lingam-Massage in einem sehr schönen und respektvollen Rahmen an einem Wochenende zu erlernen. Für Singles und Paare, die ein wenig tiefer einsteigen möchten, bieten wir unsere AnandaWave®-Grundausbildung und -Weiterbildung an, die jeweils sechs Tage dauern und sehr intensiv sind. Zudem bieten wir Paaren individuelle Miniworkshops an, bei denen sie in einem verabredeten Zeitrahmen die Yoni- und Lingam-Massage mit einer erfahrenen und kompetenten Anleiterin erlernen können. Männer, Frauen und Paare, die sich dem Thema lieber vorsichtig nähern wollen, können unsere regelmäßigen Vorträge zur Yoni- und Lingam-Massage besuchen und/oder die Bücher „Yoni Massage“ und „Lingam Massage“ lesen und mit viel Humor, Geduld und Achtsamkeit die einzelnen Schritte ausprobieren.

Michaela Riedl, 1968 in Straubing/Bayern geboren, Dipl. Musikpädagogin, Masseurin, Autorin und Sexualforscherin, ausgebildet in diversen Massagetechniken, hat die klassische Tantramassage um verschiedene Elemente aus Ayurveda, Yoga, Bioenergetik und Sexualtherapie zur sinnlichen AnandaWave®-Massage erweitert. Seit 1997 leitet sie Seminare und Ausbildungen im Bereich Tantra, Massage und Körperarbeit. 2005 eröffnete sie gemeinsam mit Gitta Arntzen das Massage-Institut AnandaWave® in Köln mit dem Seminarbetrieb „Raum für sinnliches Erleben“.

Sinnliches Geben und Nehmen (Connection Spezial)

Vom 10. bis 15. April fand in der Villa Schaaffhausen bei Köln ein Tantramassage-Intensivseminar des »AnandaWave-Instituts« statt. Wie fühlt es sich an, von fremden Händen sinnlich berührt zu werden? I. B. berichtet, wie es ihr dort erging.

Es war intensiv, intim und sinnlich zugleich. Das Erstaunlichste für mich war, wie schnell aus einer Gruppe fremder Menschen innerhalb weniger Tage eine mit Liebe durchtränkte Gemeinschaft zusammenwuchs. Warum sind wir in der Lage, unsere Grenzen so schnell zu überschreiten? Wieso kann ich nach so kurzer Zeit so viel Intimität mit »Fremden« zulassen?

Es ist fünf Uhr morgens. Mit gemischten Gefühlen verlasse ich in der Dunkelheit das Haus und setze mich in mein Auto. Was wird mich alles erwarten? Fünf Tage weg von zu Hause, von meiner gewohnten Umgebung, meinem Mann und meinen Kindern. Eigentlich wäre ich jetzt noch viel lieber im Bett und würde gern davon träumen, wie schön das Leben doch sein kann – von Liebe, von Geborgenheit und von tiefer Sinnlichkeit. Ich sehne mich so sehr nach diesen Dingen. Ja, ich fühle mich bei meiner Familie und bei meinem Mann aufgeräumt und zu Hause, aber ich träume so oft von einem richtigen Zuhause, das aber meistens eben nur in meinen Träumen zu finden ist.

Während ich diesen Gedanken nachhänge, bin ich bereits auf halbem Weg nach Köln. Im Rückspiegel sehe ich die Sonne aufgehen, während ich auf der A 3 weiter meinem Ziel entgegenfahre.

Mein Krafttier ist ein Affe

Punkt 12 Uhr komme ich an. Die Villa Schaaffhausen liegt in einem wunderbaren parkähnlichen Areal. Geschäftiges Treiben auf dem Parkplatz und im Park vor dem Haus lässt auf ein größeres Ereignis schließen. Mehrere Menschen drängen sich in der Empfangshalle um Jörg, der die einzelnen Kursteilnehmer begrüßt und instruiert. Alles läuft sachlich und beinahe geschäftsmäßig ab. Schließlich bringe ich meine Sachen auf mein Zimmer und finde mich dann wie die meisten der Teilnehmer im Essraum ein. Ich fühle mich ein wenig fremd; kenne ja niemanden und bin ganz alleine hier. Viele Teilnehmer scheinen sich hingegen besser zu kennen. Sie sind mit ihrem Partner oder Freunden hier; so scheint es zumindest. Das Essen ist jedenfalls ausgezeichnet. Die vegetarische Kost schmeckt hervorragend und ist liebevoll zubereitet.

Nach dem Essen treffen wir uns alle im Umkleideraum vor der Sauna. Jeder sollte einen Kraftgegenstand mitbringen. Ich habe meinen kleinen Affen dabei, den mir mein Mann bei unserem ersten Treffen geschenkt hat, und ich fühle mich dadurch nicht mehr so allein.

Außerdem sollte jeder Teilnehmer mit einer Rose kommen. Nur mit einem Sarong bekleidet warten wir nun darauf, dass wir in den Saal geführt werden. Monika, die reizende Assistentin, nimmt mich an der Hand und führt mich in den Seminarraum, wo mich Michaela und Jörg nach buddhistischer Tradition begrüßen. Mit gefalteten Händen und tief geneigten Häuptern ehren sie den Gott in mir. Die tragende und sanfte Musik, der liebliche Duft und die beiden Menschen schaffen einen Raum des Friedens und der Ruhe. Sie nennen mich Shakti, malen mir ein drittes Auge auf die Stirn und verbeugen sich noch einmal. Ich spüre ihre Freude darüber, dass sie mich hier und jetzt begrüßen dürfen.

Ein schönes Gefühl, angekommen zu sein. Monika führt mich zu meinem Platz, und die Begrüßungszeremonie geht weiter. Ich bin plötzlich ganz ruhig. Die Nervosität und Ungewissheit, die mich den ganzen Vormittag über noch begleitet hatten, sind wie weggeblasen.

Nachdem alle angekommen sind, werden wir mit der »Hausordnung« vertraut gemacht. Wir sitzen im Kreis, reichen uns den mit Federn und Lederstückchen geschmückten schamanischen »Redestab« weiter, und ich gebe dabei den anderen bereits einen kleinen Einblick in die Tiefe meiner Seele, der selbst mir bis vor Kurzem noch verborgen schien.

Gegen Ende des Tages verändert sich dann die Atmosphäre und die Stimmung in der Gruppe: Wir werden aufgefordert, uns zu bewegen. Anfänglich eher heilig anmutend, verwandelte sie sich nun durch den gezielten Einsatz von rhythmischen Klängen in ein lustig-fröhliches Tanzgelage. Ausgelassen tanze ich zu Trommelklängen, und nicht nur ich fühle mich wie ein kleines Kind.

Gestandene Männer beginnen zu weinen

Bei unserem Zusammensein sollte es darum gehen, die Tantramassage zu erlernen. Jeder hatte jedoch seine eigenen Ideen von Tantra und Tantramassage. Damit sich die Gruppe eine Vorstellung davon machen konnte, um was es Michaela und Jörg in ihrem Workshop ging, machten sie zunächst eine Vorführung ihrer Arbeit.

Wer dachte, dass Tantramassage unmittelbar mit Intimmassage und Sex zu tun hat, sah sich spätestens jetzt eines Besseren belehrt.

Tantramassage ist in erster Linie eine sinnliche Massage, die mit Hingabe, Liebe und Intimität zu tun hat. Die anmutig dargebotene Massage von Michaela trieb auch vielen gestandenen Männern die Tränen in die Augen. Es wirkt auf mich wie ein wunderschönes Kunstwerk, wenn ich die beiden sich ganz auf den gebenden und den nehmenden Part der Tantramassage einlassen sehe. Getragen von sinnlichen und kraftvollen Ritualen wird Jörg von Michaela in einem beinahe sichtbaren kokonartigen Energiefeld darauf vorbereitet, sich zu öffnen und die allgegenwärtige Liebe zu empfangen. Ich spüre die Freude von Jörg und Michaela. »Das ist es«, denke ich mir, »so möchte ich die Tantramassage auch geben«.

Keiner im Raum wagt es sich zu bewegen; alle sind wie gebannt

Was mir hier vor Augen geführt wurde ist, ja ich möchte fast sagen, ein heiliger Aspekt, der ganz sicher viel mit Heil und Heiligung zu tun hat. Ich denke, dass es die Hingabe ist, das vollkommene Einlassen auf den Partner, was diese besondere Art der Tantramassage so kraftvoll macht.

Michaela sagte mir, dass Tantra für sie eine Lebensphilosophie ist, die allem Leben tiefen Respekt entgegenbringt. Natürlich gehört dazu auch die sexuelle Energie des Menschen. Der Körper ist der Tempel unserer Seele, und die sexuelle und sinnliche Energie ist die stärkste und ursprünglichste Quelle für Lebensfreude und Kraft, die wir Menschen haben.

Die Tage vergehen wie im Fluge; kein Wunder bei diesem vollen Programm. Es bleibt kaum Zeit, die schöne Gegend und das herrliche Frühlingswetter zu genießen, da wir von morgens bis abends massieren, meditieren und das Gelernte mit der Gruppe nachhaltig vertiefen. Einen richtigen Höhepunkt hatte das Seminar aber dennoch zu bieten, der es verdient, aus dem übrigen, qualitativ sehr hochwertigen Programm herausgehoben zu werden: Die Demonstration der Yoni- und Lingammassage. Am vorletzten Tag, nachdem wir die tantrischen und schamanischen Rituale gelernt und intensiv verschiedene Massagetechniken geübt hatten, ging es nun ans Wurzelchakra. Wie zu Beginn des Seminars die Einführung, zeigten Michaela und Jörg nun eine Tantramassage mit Yoni- bzw. Lingammassage. Überflüssig zu erwähnen, dass die Vorbereitungen dafür in aller Ehrfurcht, Achtung

und Stille vonstatten gingen. So stelle ich mir das Zelebrieren einer heiligen Messe vor. Jörg zeigte uns dabei wie der »Big Draw« funktioniert, bei dem die Sexualenergie nicht nur im Wurzelchakra empfunden, sondern weiter in den ganzen Körper geleitet wird.

Jeder durfte so sein, wie er sich fühlte

Wenn ich heute zurückblicke, tue ich dies mit Wehmut. Es war eine ganz besondere und interessante Zeit für mich. Menschen, die mir vor wenigen Tagen noch fremd waren, ja vor denen ich sogar noch irgendwie Angst hatte, sind mir innerhalb weniger Tage zu echten Freunden geworden. Ich habe das Gefühl meine Familie zu verlassen, als ich am Sonntagmittag in mein Auto steige und wieder nach Hause fahre. Die Grenzen vom Ich zum Du sind aufgeweicht, und ich konnte die Nähe

der anderen zulassen. Beim Abschied kam es mir so vor, als ob ich alle Anwesenden schon seit meiner Kindheit kennen würde; anders konnte ich mir meine Gefühle kaum erklären. Vor allem Michaela und Jörg waren für mich wie Eltern. Sie boten einen geschützten und sinnlichen Rahmen, in dem jeder so sein konnte wie er sich fühlte. Es fanden Begegnungen in der Tiefe des Herzens statt. Der Ausdruck »Namaste« ist wohl der treffendste, den ich dazu kenne: Er bedeutet »Ich grüße den Gott und die Wesenheit Gottes in dir.«

Nie hätte ich gedacht, dass sich innerhalb weniger Tage ein so vertrautes Verhältnis unter Menschen aufbauen lässt. Und das Ganze »nur« durch sinnliche Berührung…

Die Tantramassage, die ja das Thema des Seminars war, rückte während der gesamten fünf Tage immer mehr in den Hintergrund.

Natürlich lernten wir die Techniken und Handgriffe dafür, aber der wahre Zauber bestand darin, diese Energie lebendig werden zu lassen. Es liegt mir absolut fern Werbung für eine Sache zu machen, dennoch wünsche ich mir von ganzem Herzen, dass jeder Mensch einmal eine so tiefgreifende emotionale Erfahrung machen darf. Wie sehr würde ich es meiner Tochter wünschen, einmal diese tiefen

Gefühle erleben zu dürfen! Vielleicht würden wir uns danach wieder besser verstehen. All meinen Freunden und Bekannten würde ich dieses Erlebnis gerne schenken. Natürlich weiß ich, dass das nicht geht. Jeder muss seine Erfahrungen selbst machen, jeder ist auf seiner eigenen Reise, und wahrscheinlich haben es

die anderen ja gar nicht so nötig wie ich es hatte. Schließlich war dieses Seminar ja auch nur für mich! Eines ist mir in diesen Tagen aber unmissverständlich klar geworden: Nämlich, was es heißt, sinnlich berührt zu werden, und welche Kraft allein in der sinnlichen Berührung steckt. Die Magie dieser Berührung ist es, die uns Menschen Heilung bringt. Die sexuellen Tabus unserer Gesellschaft kommen mir auf einmal so lächerlich vor, so unbedeutend. Hatte ich vor dem Seminar hin und wieder kurz aufblitzende Bedenken über die Art meiner Tätigkeit als Tantramasseurin, so hat sich dies nun vollkommen verändert. Jetzt erzähle ich erhobenen Hauptes meinen Kindern von meiner Berufung.

Meine Arbeit, die Tantramassage, folgt nun einem ganz anderen Prinzip. Hatte ich vor diesem Seminar noch versucht, mich an Techniken und bestimmten Massagegriffen zu orientieren, so fühle ich mich heute, nach dem Seminar, wie eine Meisterin. Meine Hände gehen ihren Weg nun von ganz allein. Ich komme mir vor wie ein Dirigent, der ein ganzes Orchester in Schwingung versetzt. Meine Klienten haben diesen kleinen Unterschied bereits wahrgenommen und können sich den

Qualitätssprung nicht erklären. Ihre Dankbarkeit ist echt und sie kommt aus dem Herzen, so wie meine Arbeit nun auch ihr Herz berührt.

Gerade höre ich das Klingeln des Weckers. Die letzten Bilder meines Traums ziehen vorüber: Ich träumte, wie schön das Leben doch ist. Ich spüre tiefe Liebe in mir, ich fühle mich geborgen und tiefe Sinnlichkeit durchströmt meinen Körper. Viele sehr vertraute Menschen berührten mich und zogen ihre Kreise um mich. Ich öffne meine Augen sehe neben mir meinen Mann, atme tief ein und fühle mich zu Hause.

I. B. Jg. 1968, Mutter von 2 Kindern, studierte In ihrem Heimatland Russland unter anderem Psychologie. Seit 3 Jahren lebt sie bei ihrem Mann in Deutschland und betreibt mit ihm zusammen eine Heil- und Massagepraxis. 

Erschienen in: Connection Spezial August 2007

Interview mit Michaela Riedl zum Thema Yoni-Massage (NEWs AGE)

Erforschung der weiblichen Sexualität
Ein Text von Dagmar Thiemann

Ayurveda-Massage, Aromaöl-Massage, Hawaii-Massage – darunter kann sich jeder etwas vorstellen, aber jetzt macht die „Yoni-Massage“ neugierig: Eine konsequent ganzheitliche Massagemethode für Frauen, bei der nicht nur der ganze Körper, sondern auch der Intimbereich achtsam massiert wird. Die tantrisch inspirierte Yoni-Massage hilft Frauen ihre eigene Sexualität intensiver kennen zu lernen, ihre Wünsche besser zu kommunizieren und kann dadurch das Liebesleben von Paaren enorm bereichern.

Yoni ist der Sanskrit-Begriff für den weiblichen Genitalbereich. Yoni-Massagen werden, wie alle Tantramassagen, in Deutschland erst seit wenigen Jahren für Frauen angeboten: Wer sich das intensive Erlebnis einer solchen – oft sehr lustvollen und manchmal auch sehr spirituellen – Session gönnen möchte, ist in seriösen Tantramassage-Instituten oder bei einer darauf spezialisierten Masseurin gut aufgehoben. Yoni-Massagen werden meist von Frau zu Frau angeboten. Sich eine professionelle Intimmassage zu gönnen, hat einen großen Vorteil: Die empfangende Frau kann sich völlig auf sich selbst konzentrieren, muss nichts zurück geben und ist frei von Beziehungsaspekten. Michaela Riedl, Inhaberin des Kölner Tantramassage-Institutes AnandaWave (www.www.ananda-wave.de), leistet seit Ende der Neunziger Jahre Pionierarbeit für die Yoni-Massage und bietet Massageseminare an. Sie veröffentlichte gerade das erste Buch zum Thema: „Obwohl wir alles über Sex zu wissen glauben, bekommen Frauen ihren Orgasmus immer noch leichter mit dem Vibrator als mit dem Partner. Viele Frauen haben durch die kulturell bedingte männliche Prägung unserer sexuellen Vorstellungen einen erschwerten Zugang zu ihrem eigenen sexuellen Stil. Weibliche Sexualität hat aber ein anderes Tempo, eine andere Energie als männliche. Viele Frauen ziehen sich deshalb frustriert zurück oder stürzen sich in sexuellen Aktionismus – um dabei letztendlich auch nicht zu finden, was sie suchen: eine tiefe Befriedi­gung auf körperlicher, emotionaler, energetischer und spiritueller Ebene. Die Yoni-Massage bringt die Frau wieder in Kontakt mit diesen Ebenen und vor allem mit sich selbst. Das bereichert auch die Partnerschaft: Denn wenn sie ihre Bedürfnisse kennt, kann sie ihrem Partner mitteilen.“

Intim-Massage als Türöffner zur Sexualität der Frau

Die Yoni-Massage wurde in ihrer grundsätzlichen Struktur 1993 von der amerikanischen Tantrikerin und Autorin Annie Sprinkle und dem Sexualforscher Joseph Kramer definiert und in Deutschland vor allem von Michaela Riedl weiter entwickelt. Eingebettet in eine achtsame Ganzkörpermassage von 2 bis 3 Stun­den ermöglicht die Genitalmassage über einen Zeitraum von einer halben oder ganzen Stunde der Frau, ihren Intimbereich wahrzunehmen, in sich hinein zu spüren und zu kommunizieren was ihr gut tut und was nicht. In der Yoni-Massage liegt ein großes orgiastisches aber auch körper- und sexualtherapeuti­sches Potenzial, was gerade erst entdeckt wird.

Buchtipp „Yoni-Massage“ – das Basiswerk

Michaela Riedl, Tantramasseurin, Anbieterin von Massageseminaren und Diplom-Musikpädagogin, veröffentlichte im Oktober 2006 das erste Buch zum Thema (19,90 €, Hans-Nietsch-Verlag, erhältlich über Amazon). „Yoni-Massage“ richtet sich an Frauen und Männer, die die weibliche Sexualität lustvoll erforschen wollen sowie an Sexualtherapeuten, Gynäkologen, Hebammen oder Körpertherapeuten, die sich für das Heilungspotenzial der Massage interes­sieren. Die Autorin hat in den vergangenen Jahren hunderte solcher Intim-Massagen gegeben, viele Frauen anschließend befragt und die Antworten ausgewertet, die Massage verfeinert und sich mit Frauenforscherinnen, Ärzten, Sexualtherapeuten sowie Schamanen und Tantrikern ausgetauscht. In ihrem Buch stellte sie in 36 Schritten detailliert die einzelnen Phasen der Yoni-Massage dar, illustriert von wunderschönen Schwarzweiß-Fotos. Michaela Riedl geht auch auf energetische, spirituelle und anatomische Hintergründe ein. Sie gibt konkrete Anweisungen zu Atemtechniken und eine Anleitung zur Selbsterforschung der Yoni. Das Buch ist eine echte Praxisanleitung für Frauen und Männer, für Laien und Profis, die ihre Kenntnis der weiblichen Sexu­alität verbessern möchten. Und für Skeptikerinnen ist es die ideale theoreti­sche Vorbereitung auf die erste praktische Erfahrung.

NEWs AGE: Worum handelt es sich bei der Yoni-Massage?

Michaela Riedl: Sie ist eine Massage des weiblichen Genitalbereichs. Konzipiert wurde die Yoni-Massage in der Form, wie ich sie ausübe und vermittle, 1993 von Joseph Kramer und Annie Sprinkle. Sie nutzten dabei ihr Wissen aus der modernen Sexualforschung und Körperarbeit, aus dem Tantra und dem Taoismus. Aufgrund meiner intensiven Erfahrungen habe ich die Yoni-Massage stets weiterentwickelt und verfeinert.

NEWs AGE: Woher kommt der Begriff „Yoni“ und was bezeichnet er?

Michaela Riedl: Das Wort „Yoni“ stammt aus dem indischen Sanskrit und bezeichnet den gesamten Genitalbereich der Frau, von den äußeren Anteilen der Vulva bis hin zur Vagina, der Gebärmutter und den Eierstöcken. Diese Gesamtheit habe ich im Auge, wenn ich von einer Massage im weiblichen Genitalbereich spreche. Der Begriff „Vagina“ benennt nur einen Teilbereich der weiblichen Genitalien. Zudem liebe ich das Wort „Yoni“, während mir der Begriff „Vagina“ einfach zu medizinisch klingt.

NEWs AGE: Wie kann ich mir den Ablauf einer Yoni-Massage vorstellen?

Michaela Riedl: Am Anfang steht ein kleines Begrüßungs- und Verehrungsritual. Die Verehrung der Frau in ihrer gesamten Schönheit und Würde stellt einen wichtigen Aspekt dar. Anschließend wird der ganze Körper zu-erst auf der Rückseite, dann auf der Vorderseite liebevoll massiert, entspannt und sensibilisiert. Das schafft ein angenehmes Körpergefühl und Vertrauen. Dann erst beginnt die eigentliche Massage im weiblichen Genitalbereich. Sehr bewußt, ausgedehnt und langsam wird die Yoni berührt, massiert und erkundet. Erst von außen, dann, sofern die Empfängerin es erlaubt, immer mehr auch von innen, bis alle Bereiche miteinander verbunden werden. Immer wieder achten wir während der Massage auf eine Verbindung zwischen Sex und Herz.

NEWs AGE: Welchen Sinn macht es, so eine intime Massage aus dem normalen sexuellen Liebesspiel herauszunehmen?

Michaela Riedl: Der Sinn liegt darin, für die empfangende Frau einen klaren Rahmen zu schaffen, der es ihr erlaubt, sich nur auf sich selbst und ihre eigene Wahrnehmung zu besinnen. Diese Klarheit schafft eine gewisse Freiheit, mit der sie ihre sexuellen Bedürfnisse tiefer erspüren kann. Das ist für Frauen sehr wichtig, um in Kontakt mir der eigenen Weiblichkeit zu kommen.

NEWs AGE: Geht es bei dieser Massage um einen heilenden Aspekt, z.B. um das Lösen von Blockaden, oder eher um Lustgewinn bzw. Lustvertiefung?

Michaela Riedl: Das ist eine Frage, die mir sehr oft gestellt wird. In unserer Art zu denken kann das, was Lust und Vergnügen bereitet, meist nichts mit Heilung zu tun haben. Ich persönlich kenne jedoch nichts, was viele hartnäckige Blockaden so schnell und nachhaltig löst wie die Lust selbst. Nichts macht uns Frauen lebendiger, kreativer und kraftvoller als diese herz-öffnende Erfahrung. Bei der Yoni-Massage kann die Lösung bestimmter Blockaden jedoch auch zu Schmerz, Trauer und Wut führen.

NEWs AGE: Was ist das Hauptanliegen der Frauen, die zu Ihnen kommen?

Michaela Riedl: Viele Frauen kommen, weil sie auf der Suche nach ihrer eigenen Lust und Körperlichkeit sind. Nicht wenige haben noch nie einen Orgasmus erfahren und/oder sehr wenig bis überhaupt keinen Kontakt zu ihrem Körper. Oft haben sie ihre eigene Sexualität noch nie unabhängig von ihrem Partner erfahren, was jedoch sehr wichtig ist, um sich selbst kennenzulernen und um sich sexuell auszudrücken. Allerdings kommen auch Frauen, die sich sehrwohl sehr gut kennen und einfach nur selbstbewußt und eigenverantwortlich ihre Körperlichkeit, Sexualität und Lust mehr und mehr vertiefen wollen.

NEWs AGE: In Ihrem Buch zur Yoni-Massage steht, daß die Yoni, genauso wie unsere Füße, Hände und Ohren Reflexzonen hat. Wie beziehen Sie diese mit ein und welche Wirkung zeigen sie?

Michaela Riedl: Nach der taoistischen Philosophie besitzt die Yoni Reflexpunkte, die in Verbindung mit bestimmten Organen im Körper stehen. Diese werden während der Yoni-Massage sehr ausführlich und gekonnt massiert, wodurch ein intensives Wohlgefühl im ganzen Körper entsteht. Auch werden die Energiezentren des Körpers harmonisiert und gestärkt, weshalb frau gekräftigt und entspannt aus der Massage hervorgeht. Der Penis beim Mann besitzt übrigens dieselben Reflexzonen, so daß Mann und Frau sich bei einer sexuellen Vereinigung die perfekte Reflexzonenmassage geben. Sexualität ist somit in jeder Form eine sehr gesunde Angelegenheit.

NEWs AGE: Ist der Orgasmus das Ziel einer jeden Yoni-Massage?

Michaela Riedl: Wichtig ist die Wahrnehmung der eigenen Gefühle und der eigenen Sexualität. Der Orgasmus kommt von ganz allein. Er verbirgt sich hinter dem, was ist, unabhängig von dem, was frau glaubt, fühlen zu müssen. Wir feiern den Orgasmus als freudigen Wegbegleiter, der jedoch nicht das Ziel bestimmt. Allerdings kann es in bestimmten Situationen für manche Frauen wichtig sein, das Ziel Orgasmus zuzulassen und diesen direkt anzusteuern. Hier geht es jedoch um die innere Erlaubnis. Der Orgasmus selbst passiert im Moment des Loslassens.

NEWs AGE: Aus Ihrem Buch wird deutlich, daß Sie sehr viel von der weiblichen Sexualität verstehen. Wodurch wird die Lust der Frau erweckt?

Michaela Riedl: Jede Frau sollte sich selbst so gut kennen, daß sie ihre Bedürfnisse genau benennen kann. Wenn dann ihr Partner/ihre Partnerin ihre Bedürfnisse gut kennt und sich genügend Zeit nimmt, darauf einzugehen, kann sich jede Frau mehr und mehr vertrauensvoll öffnen und entfalten und schon ist sie da, die Lust.

NEWs AGE: Was empfehlen Sie Frauen und Paaren, die diese Yoni-Massage gerne selbst lernen und praktizieren möchten?

Michaela Riedl: Dafür bieten wir bei „AnandaWave®“, Raum für sinnliches Erleben, verschiedene Möglichkeiten an. Zum einen gibt es die Gelegenheit in unseren Seminaren „Frauen II“ und „Paare II“ die Yoni-Massage in einem sehr schönen und respektvollen Rahmen zu erlernen. Zudem bieten wir Paaren individuelle Miniworkshops an, innerhalb dessen sie in einem verabredeten Zeitrahmen die Yoni-Massage mit einer erfahrenen und kompetenten Anleiterin erlernen können. Frauen und Paare, die sich dem Thema lieber vorsichtig nähern wollen, können unsere regelmäßigen Vorträge zur Yoni-Massage besuchen und/oder das Buch „Yoni-Massage“ lesen und mit viel Humor, Geduld und Langsamkeit die einzelnen Schritte ausprobieren.

Michaela Riedl, 1968 in Straubing/Bayern geboren, Dipl. Musikpädagogin, Masseurin, Inhaberin eines Tantramassage-Instituts seit 1996, Autorin und Sexualforscherin, ausgebildet in diversen Massagetechniken, hat die klassische Tantramassage um verschiedene Elemente aus Ayurveda, Yoga, Bioenergetik und Sexualtherapie zur sinnlichen AnandaWave®-Massage erweitert. Seit 1997 leitet sie Seminare und Ausbildungen im Bereich Tantra, Massage und Körperarbeit. 2005 eröffnete sie gemeinsam mit Gitta Arntzen das Massage-Institut AnandaWave® in Köln mit dem Seminarbetrieb „Raum für sinnliches Erleben“.

Die Entdeckung der Langsamkeit (OSHOTIMES)

Seit 1997 leitet Michaela Riedl Seminare und Massagen für Menschen, die mehr über sich selbst und die Kraft ihrer Sexualität erfahren möchten. Zusammen mit ihrer Partnerin Gitta Arntzen gründete sie vor zwei Jahren in Köln die Massage-Praxis « AnandaWave®-Raum für sinnliches Erleben ». In der stilvoll eingerichteten, 230 qm großen Praxis sind mittlerweile 23 Mitarbeiterinnen beschäftigt. Neben dem Massagebereich bietet AnandaWave auch Ausbildungen, Seminare, Workshops, Vorträge und Abendgruppen, die sich im weitesten Sinne mit den Themen Sexualität und Tantra beschäftigen. Eine der Schwerpunkte der Praxis sind die Yoni- und Lingammassage. « Yoni » bezeichnet im Sanskrit den weiblichen Genitalbereich, « Lingam » den männlichen. Michaela Riedl bevorzugt diese Terminologie zum einen, weil Scheide, Vagina und Penis so abstrakt und unerotisch klingen, zum anderen, weil die Sanskritwörter Yoni und Lingam den gesamten weiblichen bzw männlichen Genitalbereich umfassen. Michaela Riedl, Gitta Arntzen und ihre Mitarbeiterinnen wollen Menschen einen schuldfreien Zugang zu ihrer Sexualität und Sinnlichkeit eröffnen. Tatsächlich hat Sexualität mit einer unglaublichen Langsamkeit zu tun. Es geht um Intimität, und die braucht Zeit. 

Wir leben heute in einer übersexualisierten Welt. Vor allem in den Medien und in der Werbung werden wir ständig von Sex angesprungen, – andererseits gibt es Untersuchungen, denen zufolge immer mehr Menschen ohne Sex leben. In vielen Paarbeziehungen herrscht « tote Hose » und Lustlosigkeit. Was können Menschen tun, um auf eine natürliche Art wieder ihren Sex zu entdecken?

Am allerwichtigsten scheint mir, dass wir uns von den Bildern lösen, mit denen wir heute überschwemmt werden. Das sind ja totale Trugbilder ! Wenn man ins Internet geht oder sich im Fernsehen anschaut, wie Sex dargestellt wird, dann sind das zumeist Bilder, die nichts mit der Realität zu tun haben. Und so entsteht Frust, weil man meint, dass man irgend etwas verkehrt macht. Viele denken : « Ich bin ein Versager, weil ich anders bin. » Tatsächlich hat Sexualität aber mit einer unglaublichen Langsamkeit zu tun. Es geht um Intimität und die braucht einfach Zeit. Das wird nicht mehr gezeigt. Das ist in den Medien verloren gegangen und so laufen die Leute irgendeinem Bild hinter her, was sie nirgends finden können.

Die Antwort liegt in der Langsamkeit, in der Intimität. Und so ist der erste Schritt, wenn Leute in unsere Seminare kommen, um die Yoni- oder Lingam-Massage zu lernen : Tempo rausnehmen und überhaupt erstmal wieder mit dem eigenen Körper und dem eigenen Genitalbereich in Kontakt kommen. Das braucht Zeit.

In einem Interview sagtest du, Tantra habe dein Leben vollkommen verändert. Was meintest du damit?

Ich hatte immer ein Thema mit Sexualität, wasursprünglich auf meine eigenen irritierenden und verletzenden sexuellen Erfahrungen als Kind und Jugendliche zurückgeht.

Ich kam mit einer Hüftdysplasie zur Welt, die jedoch von Seiten der Ärzte viel zu spät erkannt wurde, so dass ich mit ca. einem Jahr anstatt der üblichen Spreizhose einen Gips bekam. Dieser reichte von der Hüfte bis zu den Beinen und gewährte meiner Yoni lediglich einen schmalen Schlitz. Dieser Schlitz war gerade mal groß genug, dass Stuhl und Urin entweichen konnte, jedoch viel zu klein, um meine Yoni angemessen sauber zu halten. So sorgte dieser Gips ein ¾ Jahr lang, von der Hüfte abwärts, für absolute Bewegungslosigkeit meiner Beine und für eine offene, ungeschützte und brennende Wunde an meiner intimsten und sensibelsten Stelle. Diese, auch später noch jahrelang schmerzhafte Yoni, konfrontierte mich von Anfang an mit dem Thema Sexualität.

Später in der Pubertät spürte ich während der Sexualität gar nichts. Damit fühlte ich mich vollkommen allein. Ich hatte viele Fragen und nirgends bekam ich Antworten.

Durch Tantra und durch das Lernen der Yoni-Massage hat sich innerhalb kürzester Zeit meine Sexualität verändert. Ich habe vieles ausprobiert und bekam so einen neuen Zugang. Das war tatsächlich eine sexuelle Befreiung für mich. Ich kann jetzt bestimmt nicht sagen, die Yoni-Massage sei das Allheilmittel gegen sexuelle Verletzungen. Zur Heilung gehört vieles und jeder Mensch hat eine andere Geschichte, die man anders angehen muss. Allerdings kann man durch die Yoni-Massage auf behutsame Weise mit dem eigenen Genitalbereich in Kontakt kommen und in einen Dialog gehen. Dieser Dialog ist das Entscheidende. Wenn ein Teil von mir unter Schock steht und ich nichts mehr fühle, dann ist es ganz wichtig, mit diesem Teil in Kontakt zu kommen.

Das gilt natürlich für die Lingam-Massage genauso. Auch für Männer kann sich da viel verändern. Männer stehen ja oft unter einem gewaltigen Leistungsdruck. Viele meinen sich wahnsinnig anstrengen zu müssen, um einen « hochkriegen » zu können oder um sonst eine sexuelle Leistung zu erbringen. Dabei geht es genau ums Gegenteil : Erst in dem Moment, wo der Mann sich entspannt, fließt das Blut in den Lingam und eine Erektion entsteht. Wenn der Mann sich anstrengt, dann macht er alles zu und das Blut kann überhaupt nicht hereinströmen. Interessanterweise ist das auch ein Thema bei vielen Hochleistungssportlern. Nicht wenige von ihnen haben Erektionsprobleme, weil sie auch beim Sex auf Leistung gehen. Das kann nicht funktionieren.

Gibt es eigentlich einen Unterschied, wie Frauen bzw. Männer auf die Massage reagieren?

Frauen, die hierher kommen, können meist vor der Massage sehr genau artikulieren, welche Probleme sie haben. Wenn sie dann die Yoni-Massage bekommen, ist die Kommunikation meist stockend. Wenn ich nach der gewünschen Richtung frage, bekomme ich oft keine klare Antwort. Oder ich bekomme verbal ein Ja, aber von der Yoni ein absolutes Nein. Frauen neigen auch eher dazu, etwas über sich ergehen zu lassen und auch wenn es ihnen unangenehm ist, nicht gleich etwas zu sagen. Das Problem haben wir bei Männern nicht. Wenn denen etwas nicht gefällt, sagen sie das meist sofort. Im Gegensatz zu den Frauen wollen viele Männer vor der Massage jedoch lieber nicht viel reden. Wenn man sie fragt, ob irgend etwas zu beachten sei, sagen sie meistens : Nein, alles bestens, alles easy. Wenn sie dann auf der Bank liegen, merkt man manchmal, das eigentlich gar nichts easy ist. Was letztlich jedoch den Lingam betrifft, so gibt es eine relativ einfache und direkte Kommunikation.

Insgesamt haben Frauen es leichter, sich körperlich auf die Ganzkörpermassage einzulassen. Da sind Männer oft eckiger oder auch einfach « zu ». Sexuell gesehen, sind die Männer jedoch viel offener. Männer kennen sich besser, Männer experimentieren mehr. Von daher haben sie ein anderes Selbstbewusstsein. Man merkt, die haben das selber schon öfters an sich ausprobiert. Dagegen gibt es sehr viele Frauen, die kommen mit 40 – 50 Jahren zu uns und sagen : ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie da unten angefasst. Das ist keine Seltenheit.

Tatsächlich? Frauen, die den Mut haben zu euch zu kommen und sich selber noch nie befriedigt haben?

Das finden wir auch sehr überraschend.

Gibt es eigentlich auch Männer, die bei euch massieren?

Wir haben jetzt erstmalig einen Mann ausgebildet, der als langjähriger Aryuveda-Masseur eine große Erfahrung mitbringt. Wir sind sehr gespannt, wie die Frauen das annehmen werden. Oder auch die Männer, wobei ich glaube, dass Hetero-Männer weiter lieber zu Frauen gehen werden.

Welche Frauen kommen zu euch ? Ist das eine bestimmte Schicht, ein bestimmte Altersgruppe?

Das sind Frauen mit vollkommen unterschiedlicher Herkunft : Von der Ärztin über die Fernfahrerin bishin zur Supervisorin kommen die unterschiedlichsten Frauen. Die Altersgruppe bewegt sich so zwischen 25 und 65 Jahren. Selten gibt es Frauen unter 25 oder über 65 Jahren.

Wie ist das bei den Männern?

Da bewegt sich die Altergruppe zwischen 25 und 70 Jahren, die meisten aber auch zwischen 30 und 65 Jahren. Auch bei ihnen ist die Herkunft sehr unterschiedlich. Allein preislich bedingt gibt es natürlich mehr Geschäftsleute, weil die sich die Massage eher leisten können. Handwerker und Rentner kommen dann eher nur ein bis zweimal im Jahr.

Wie schützt ihr euch vor Männern, die mit einer Bordell-Erwartung zu euch kommen?

Seitdem wir Internet haben, ist das fast kein Thema mehr. Wir sagen am Telefon sehr genau, was wir machen und vor allem, was wir nicht machen. Auch bevor die Sitzung beginnt, sagen wir das noch einmal sehr deutlich. Allerdings ist es ganz selten, dass ich einem Mann sagen muss : das ist eine Massage und bleibt eine Massage und wir haben keinen sexuellen Austausch. Meist ist das vollkommen klar.

Was heißt konkret: kein sexueller Austausch?

Das heißt konkret, dass es eine Massage ist und eine Massage bleibt. Der Gast ist vollkommen in der passiven Rolle. Natürlich geht es um Kontakt und somit auch um eine sehr persönliche Ebene. Aber nicht um eine persönlich körperliche Begegnung. Es gibt eine erotische Sphäre, aber in die gehe ich ausschließlich, um die Person in ihre eigene Erotik zu bringen – nicht um meine eigene Erotik zu nähren.

Kannst du das denn immer so trennen?

Es geht darum eine klare professionnelle Grenze zu halten. Das ist eine Herausforderung und bedarf einer ständigen Supervision, die alle Mitarbeiterinnen hier regelmässig machen.

Wenn ein Gast sagt : ich möchte zum Orgasmus kommen – helft ihr ihm dabei?

Sexualität hat sehr viele Ausdrucksmöglichkeiten und der Orgasmus ist sicherlich die stärkste davon. Wir versuchen all diese Ausdrucksmöglichkeiten von Sexualität im eigenen Erleben wieder lebendig zu machen und dazu gehört auch der Orgasmus. Wir versuchen allerdings auch den Gast dahin zu bringen, dass er sich nicht ausschließlich auf den Orgasmus fixiert.

Bei Frauen ist es ganz oft so, dass sie gar nicht an dem Punkt stehen. Da geht es oft vielmehr darum, erstmal mit der eigenen Sexualität in Kontakt zu kommen. Bei Männern zögern wir den Orgasmus sehr gerne hinaus, damit sie auch den Weg und nicht nur das Ziel genießen.

Geht es bei der Massage eigentlich in erster Linie um Wohlbefinden und Erotik oder habt ihr auch einen therapeutischen Anspruch, mittels der Massage sexuelle Blockaden aufzulösen?

Es geht um beides und ich denke nicht, dass man das von einander trennen kann. Ich kenne nichts, was Blockaden so schnell auflöst wie Lust. Daher versuchen wir die Männer und Frauen die zu uns kommen, wieder in Kontakt mit ihrer eigenen Lust zu bringen. Wenn ich mit jemanden dahin gehe, bin ich automatisch in einem therapeutischen Bereich. Natürlich kommen auch Leute hier hin, die haben überhaupt kein Thema, die wollen sich einfach eine gute Massage gönnen. Vor allem Männer, die einen stressigen Tag hinter sich haben und einfach Lust auf eine Massage haben. Wir versuchen dann, ihnen zu helfen mit ihrer Sexualität mehr in die Tiefe zu gehen.

Sexualität hat soviele verschiedene Ausdruckmöglichkeiten. Egal, wo ich bei jemanden anfange, letztlich läuft es auf das Gleiche hinaus. Es geht um die Freude an der Lust, am Leben und an der eigenen Lebendigkeit. Ob ich bei jemandem direkt mit der Lust anfange und von hier aus in die Tiefe gehe, oder ob jemand erst durch Tränen, Trauer und Wut gehen muss…

Glaubst du, dass die Massage auch bei Missbrauchsfällen, wo Menschen überhaupt kein Gefühl mehr für ihren Körper haben, ein Weg der Heilung sein kann?

Seitdem ich das Buch geschrieben habe, kommen Frauen von überall her und mit den unterschiedlichsten Themen in unsere Praxis. Zum Teil kommen sie mit der Erwartung, sie nehmen hier eine zweistündige Massage und dann sei der Knoten geplatzt. Das ist natürlich eine Sackgasse. Wenn jemand ein Missbrauchsthema hat, lässt sich das nicht durch eine und auch nicht durch 10 Tantramassagen vollständig auflösen. Es unterstützt den Weg zur Heilung jedoch sehr. Das kann ein Anfang sein, ein Funke, wo eine Idee entstehen kann, was alles noch möglich ist und wie wieder Kontakt entstehen kann.

Sexuelle Heilung muss auf vielen Ebenen geschehen. Das gilt auch für Männer. Deswegen arbeiten wir hier in der Praxis eng mit Constanze Rinck, einer Sexual-Therapeutin, zusammen. Außerdem wollen wir jetzt Massage-Packete mit fünf bis zehn Sitzungen für Frauen und Männer anbieten, wo Schrittchen für Schrittchen eine Entwicklung stattfinden kann. Zum Beispiel jemanden, der kein Körpergefühl mehr hat, spüren zu lassen, wie fühlen sich die Tücher auf dem Körper an? Was fühlt sich gut an – was nicht ? Die ersten Sitzungen geht es dann nur darum. Und dann fangen wir vielleicht langsam an, die Yoni bzw. den Lingam sanft von außen zu berühren, den ganzen Bereich drum herum, den Beckenboden, die ganze Muskulatur. Das braucht Zeit, das geht nicht in einer Sitzung. Da ist es ganz wichtig, das eigene Tempo zu entdecken und die eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu achten.

Welche Bedeutung hat Meditation für eure Arbeit?

Sexualität in ihrer wirklichen Tiefe ist Meditation pur. Der Tanz zwischen den Polen, zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen, zwischen Spannung und Entspannung, zwischen Kontraktion und Loslassen. Nirgends ist die Polarität des Lebens so stark spürbar und somit auch dessen Verschmelzung, das Gefühl von Eins-Sein.In der Sexualität sind die Menschen meist sehr aktiv. Doch dadurch, dass es während der AnandaWave-Tantramassage nur ein Empfangen gibt, sind der Körper und das ganze Sein eingeladen, in einen glückseligen, friedlichen und ruhigen Raum zu kommen. Diesen Raum während der Yoni- bzw. Lingammassage, bezeichne ich gerne als « erotische Trance ». Wenn durch die Veränderung im Nervensystem, während der Massage, die Energie in den ganzen Körper wandert, kommt es nach der Massage zu einer Ruhe wie in einer tiefen Meditation. Das ist der Moment, in dem wir einen unglaublichen Frieden und eine Glückseligkeit erfahren können. Es ist die Zeit, in der sich Veränderungen manifestieren können.

Erschienen in der OSHOTIMES August 2007

Eros im Alltag (Connection Spezial)

Michaela Riedl und Martina Weiser gründeten 1997 die tantrische Massagepraxis Ananda in Köln. Ihr Wissen beziehen sie aus ganz verschiedenen Richtungen z. B. Ausbildungen in Yin-Yang Massage und erotischer Massage bei Andro, Tantrakurse bei Andro, Advaita u. a., Ausbildung in traditioneller Thai-Massage im Old Medicine Hospital in Chiang Mai/Thailand und Hawaiianische Körperarbeit im Institut Hawaii. In den letzten Jahren war vor allem die Arbeit mit der spirituellen Lehrerin Maraya prägend (indianisch-schamanische Richtung).

Zu Gast bei Ananda erlebt man eine sinnliche und heilsame Reise durch den eigenen Körper,1,5 oder 2 Stunden lang wird der ganze Körper berührt und massiert. Im letzten Abschnitt der Massage wird der Genitalbereich mit einbezogen. Das geschieht im Bewusstsein darüber, dass die sexuelle Energie ist die stärkste und ursprünglichste Quelle für Lebensfreude und Kraft ist. Anregungen aus den genitalen Heilungsmassagen von Annie Sprinkle bzw. von Joe Kramer werden hier angewandt. Das Prinzip der genitalen Heilungsmassage hat seinen Ursprung im chinesischen Taoismus, dort geht es u. a. darum, sehr viel Energie aufzubauen, die bewusst zur Vitalisierung, zur Verjüngung, zur gesteigerter sexueller Energie und letztendlich auch zur Transformation genutzt werden soll.

Michaela Riedl: „Wir arbeiten hauptsächlich mit dem Sexualchakra und dem Herzchakra und schaffen hier eine Verbindung von Sex, Herz und Spirit. Beim Mann, genauso wie bei der Frau gibt es Reflexzonen im Genitalbereich, die mit bestimmten Organen verbunden sind. Diese Reflexzonen werden bei uns in der Massage gekonnt und ausgiebig massiert wodurch besonders tiefe Empfindungen entstehen.

Frauen und Männer reagieren darauf ganz unterschiedlich, was darin begründet ist, dass die Frau eine aufnehmende Natur hat und der Mann eher eine aktive abgebende Natur. Das bedeutet für die Frau, dass in ihrer Yoni (d.h. weiblicher Genitalbereich) sehr viele negative wie auch positive Erfahrungen gespeichert werden. Durch die Yoni-Massage werden ganz bewusst Verletzungen und Blockierungen gelöst, damit wieder Platz gemacht werden kann für angenehme Erfahrungen.

Da die Frau durch so eine Massage auch mit alten Wunden konfrontiert werden kann, ist es meist eine sehr emotionale Angelegenheit, obwohl die Erlebnisse natürlich sehr unterschiedlich sein können. Von Trauer, ozeanischer Lust, Wut, Geilheit bis hin zur Gleichgültigkeit ist alles möglich und vor allem natürlich erlaubt.

Männer kommen durch die Lingam-Massage (Lingam = männlicher Genital-bereich) eher in ihre Kraft und die ganze Massage ist dadurch meist dynamischer. Das Ziel ist eine volle Körperlebendigkeit, die Erektion ist dabei eher nebensächlich. Wir ermutigen Männer und Frauen dazu ihre Erwartungen loszulassen und ganz neue Erfahrungen damit zu machen, wie Sex oder Geilheit sein sollte.

Im Rahmen der Ananda-Massage bieten wir den Big Draw an, eine tantrische Übung, die dazu führt, dass die orgiastische Energie im ganzen Köper zirkuliert und nicht nur im Sexualbereich gebunden wird.“

Jede Frau, die im Team von Ananda arbeitet macht mindestens einmal im Jahr eine Weiterbildung zum Thema Massagetechnik / Körperarbeit, darüber hinaus gibt es innerhalb des Teams einen regen Austausch von neu erlernten Techniken. Die Massage bleibt dadurch lebendig und wird immer wieder neu inspiriert.

Der Artikel entstand in der Zeit, in der Michaela Riedl zusammen mit Martina Weiser die tantrische Massagepraxis “Ananda – Kunst der Berührung” leitete. Erschienen in: Connection Tantra Spezial 2004.

yabyum

Tantramassage: Was sie ist, wie sie wirkt, wo es sie gibt (YABYUM)

Von Regula Schenkel

Erleben, dass Wohligkeit durch den Körper rieselt, die Sinne gesättigt sind, der Geist ruhig und die Seele schwebend. Der Wert von Massage ist unbestritten, denn Berührung verbunden mit Zuwendung sind für den Menschen und sein Wohlbefinden wichtig, für Kleinkinder ist sie sogar von existentieller Bedeutung, wie schon in den fünfziger Jahren durch die Studien des Kinderarztes und Psychoanalytikers René Spitz bekannt wurde. Er hatte das Heranwachsen von Säuglingen in einem Waisenhaus beobachtet, die materiell und hygienisch einwandfrei versorgt waren, aus mangelnder Zuwendung jedoch in ihrer Entwicklung Schaden nahmen oder gar starben. Neuere Untersuchungen zeigen, dass zum Beispiel Frühgeborene, die dreimal täglich massiert werden, schneller an Gewicht zunehmen und einige Tage früher das Spital verlassen können als Kinder, die ohne diese Zuwendung auskommen müssen.

In der Europäischen oder amerikanischen Gesellschaft hat sich trotz dieser Erkenntnisse kaum eine Berührungskultur entwickelt, die ausgiebiges Berühren kennt mit dem einen Zweck, Wohlbefinden zu schenken. Anders in Thailand oder auch in Teilen Indiens, wo Massagen zum Alltag gehören, sich die Menschen häufig im Familienverband oder auch im Freundeskreis massieren.

Das Angebot an Massageformen jedoch, die als Dienstleistung in Anspruch genommen werden können, ist bei uns unüberblickbar:

Klassische Massage, Bindegewebsmassage, Sportmassage, Akupunkt-Massage, Esalen-Massage, Fussreflexzonen-Massage, Shiatsu, Reiki und eben Tantra-Massage und weitere mehr.

Während sich bei vielen Massageformen Schulen herausgebildet haben, deren Methoden eingetragen und geschützt sind, und die damit für Klienten und Klientinnen auch eine gewisse Qualitätsgarantie bieten, blüht die Tantra-Massage im freien Feld. So laufen unter der Bezeichnung Tantra-Massage die unterschiedlichsten Formen, angeboten vom angesehenen Tantra-Institut bis zum Etablissement aus dem Rotlichtmilieu. Die Tantra-Massage kann die verschiedensten Variationen beinhalten. Sie reichen von einer viertelstündigen Penis-Massage in Räucherstäbchen-Atmosphäre bis zur mehrstündigen, alle Sinne umfassenden, den ganzen Körper einschließenden Berührung.

Was alles unter der Bezeichnung Tantra-Massage verstanden wird, zeigt, wie dafür geworben wird. Ein Video wird angekündigt mit:

“Tantra-Massage gibt nicht nur dem Körper, sondern auch dem Geist neue Kraft. Sie schenkt die Entspannung, die uns unsere Lust noch intensiver erleben lässt.” Auf einer Homepage eines Massagesalons wird sie angepriesen als “eine besonders erotische Massage, bei der die Hände die Lebensenergie sehr sanft in Richtung Po übertragen….”.

Ein Tantra-Institut wiederum sieht die Tantra-Massage nur in Funktion zum tantrischen Weg: “Mit Hilfe von Tanz, Körperübungen, tantrischen Massagen (der Form nach sinnlich, zärtlich, erotisch, energetisch, meditativ) und Meditationen soll man sich selbst immer mehr entfalten und ausdehnen. Der tantrische Weg endet nicht im persönlichen und zwischenmenschlichen Bereich. Er soll weiterführen in eine größere Dimension, den spirituellen Raum.” Gewähr für Qualität bieten einzig Ausbildung, Erfahrung und Integrität der Massierenden.

Loslassen und Hingabe stehen im Zentrum

In guten Tantra-Massagen wird immer der gesamte Körper berührt. Die Sinne werden angeregt, die Empfindsamkeit erhöht sich. Los-lassen und Hingabe stehen im Zentrum, die Wahrnehmung ist nach innen gerichtet, in den Körper und auf die eigenen Empfindungen. Im Fokus der massierenden Person steht die Aktivierung und Ausbalancierung der Lebensenergie, die grundsätzlich jedem Menschen innewohnt, nicht zu verwechseln mit sexueller, auf Orgasmus beziehungsweise auf Ejakulation gerichtete Erregung. Dabei können verschiedenste Techniken angewandt werden, sei es aus der klassischen, aus der Esalen-Massage, aus Shiatsu oder anderen Formen. Von großer Bedeutung ist die Haltung der massierenden Person, sie ist in ihrer absichtslosen Aufmerksamkeit vollkommen auf den Klienten, die Klientin eingestellt. Im Idealfall wird die Massage zu einer Meditation. Die Rollen, wer die massierende, wer die massierte Person ist, sind von Anfang bis Schluss klar definiert.

Wunderbar ist das Berührtwerden mit Federn, das Verwöhnt-werden mit feinen Früchten, mit duftenden Blumen, das Massiert-werden mit wohlriechenden Salben und Ölen in einer sinnlichen Atmosphäre mit leiser sanfter Musik und gedämpftem Licht. Ein Genuss, den sich jedermann und jedefrau immer wieder mal schenken sollte. Es kann nur gut tun, hin und wieder zu erleben, dass Wohligkeit durch den Körper rieselt, die Sinne gesättigt sind, der Geist ruhig und die Seele schwebend. Doch muss klar festgehalten werden, dass Tantra-Massagen, die als einmalige Dienstleistung in Anspruch genommen werden können, mit klassischem Tantra nichts gemein haben. Sie sind schlicht ein angenehmer Teil unseres Lifestyles und eine Möglichkeit, unser Defizit an Berührtwerden im Alltag etwas auszugleichen.

Wünschenswert ist es, dass sich auch bei uns eine Kultur entwickelt, in der nicht Berührung gegen Geld getauscht wird, sondern Berührung in Form von Geben und Nehmen geschieht. Es braucht dazu ja denkbar wenig: etwas Zeit, einen möglichst ungestörten Ort, zwei Menschen, die sich anfassen mögen und sich mitteilen können, welches Massieren, Kneten, Klopfen, Reiben, Streicheln sie in welchen Körperbereichen besonders mögen.

Wer nicht autodidaktisch lernen möchte, mag sich vielleicht von Büchern anregen oder in Kursen anleiten lassen. Für beides besteht ein großes Angebot. Jede Anregung, jedes Seminar jedoch verpufft, wenn im Alltag dem Berühren und Berührtwerden keine Zeit eingeräumt wird…